Die Abgeltungsteuer von 25 % kann für Zinseinnahmen in Anspruch genommen werden, die ein Darlehensgeber aus einer Darlehensgewährung an einen nahen Angehörigen erzielt. Damit erweitert der Bundesfinanzhof (BFH) den Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer über den Wortlaut des Gesetzes hinaus.

Hintergrund: Kapitaleinnahmen unterliegen seit 2009 grundsätzlich einer Abgeltungsteuer von 25 %. Dieser Steuersatz ist gesetzlich jedoch u. a. dann ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen.

Streitfälle: Der BFH musste über drei Fälle entscheiden. Dabei ging es um Zinseinnahmen aus Darlehen, die die Eltern ihrem Sohn und ihren Enkeln gewährt hatten bzw. ein Ehemann seiner Ehefrau gewährt hatte. Zum anderen ging es um Zinseinnahmen, die eine Schwester für die Stundung ihrer Kaufpreisforderung von ihrem Bruder erhalten hatte. Die jeweiligen Darlehensnehmer konnten ihre Zinszahlungen steuerlich absetzen. Die Kläger wollten, dass ihre Zinseinnahmen mit 25 % besteuert werden. Dies war für sie vorteilhafter als die Besteuerung mit ihrem individuellen Steuersatz.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab den Klägern Recht:

§ Zwar gelten Angehörige grundsätzlich als nahe stehende Personen, so dass die Abgeltungsteuer dem Wortlaut des Gesetzes zufolge ausgeschlossen wäre. Jedoch ist nach der Gesetzesbegründung für ein Näheverhältnis entweder ein beherrschender Einfluss des Darlehensgebers auf den Darlehensnehmer oder umgekehrt erforderlich. Oder einer der Vertragspartner hat ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, dass der jeweils andere Vertragspartner Einkünfte erzielt.

§ Allein ein persönliches Interesse, das sich aus der Familienangehörigkeit oder Ehe ergibt, reicht nicht aus, um die Abgeltungsteuer auszuschließen. Dies wäre mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Ehe und Familie nicht vereinbar.

§ In den Streitfällen bestanden keine Anhaltspunkte für einen beherrschenden Einfluss der Darlehensgeber auf die Darlehensnehmer oder umgekehrt. Eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Abgeltungsteuersatzes lag damit nicht vor.

Hinweis: Der BFH schränkt den gesetzlichen Ausschluss der Abgeltungsteuer im Bereich der Darlehensgewährung unter nahen Angehörigen ein. Die Abgeltungsteuer ist also grundsätzlich anwendbar, wenn die Zinsen von einem Angehörigen gezahlt werden und kein beherrschender Einfluss in die eine oder andere Richtung besteht.

Abgeltungsteuer bei Gesellschafter-Darlehen

Ausgeschlossen ist die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes dagegen auf Zinsen, die von einer GmbH an einen mit mindestens 10 % beteiligten Gesellschafter gezahlt werden. Hier greift der gesetzlich normierte Ausschluss der Anwendung der Abgeltungsteuer ein, den der BFH nun für verfassungsgemäß erachtet hat.

Streitfall: Ein Alleingesellschafter einer GmbH gewährte seiner GmbH verzinsliche Darlehen und erhielt im Jahr 2009 Zinsen in Höhe von ca. 16.000 €. Die Zinsen wollte er der Abgeltungsteuer mit einem Steuersatz von 25 % unterwerfen. Das Finanzamt setzte jedoch seinen individuellen Steuersatz an, der höher war.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

§ Nach dem Gesetz scheidet die Abgeltungsteuer aus, wenn die Zinsen von einer GmbH an ihren Gesellschafter gezahlt werden, der mit mindestens 10 % an der GmbH beteiligt ist.

§ Dieser Ausschluss ist verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber darf davon ausgehen, dass ein Gesellschafter mit einer Beteiligung von mindestens 10 % auf die GmbH einwirken kann, um dieser Fremdkapital (Darlehen) zu gewähren, so dass die GmbH die Zinsen absetzen kann und der Gesellschafter von der Abgeltungsteuer profitiert. Aufgrund dieser Einwirkungsmöglichkeit hat der Gesetzgeber den Gesellschafter ab einer Beteiligung von 10 % von der Abgeltungsteuer ausgeschlossen.

Hinweis: In einer weiteren Entscheidung hat der BFH die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes bei der Darlehensgewährung an eine GmbH dagegen zugelassen: hier hatte nicht der Gesellschafter selbst, sondern dessen Verwandter das Darlehen gewährt. Auch hier reicht – wie bei den „Angehörigen-Darlehen“ (s. o.) – ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse nicht aus, um ein Näheverhältnis zu begründen.

Rundschreiben vom November 2014